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Was Fachpersonen über (zukünftige) Väter zu sagen haben

Bericht über die Online-Präsentation der 4. Episode des Films „Geburt eines Vaters“ samt anschließender Diskussion

In der vierten Episode „Was Fachpersonen über (zukünftige) Väter zu sagen haben“ am 22. März ging es darum wem die Fachpersonen welche Rolle bei der Geburt zuweisen, ob sie in ihrer beruflichen Tätigkeit auch spezielle Angebote für Väter haben, ob sie Väter beim Thema Stillen miteinbeziehen, ob sie das Thema Vereinbarkeit Neugestaltung der Paarbeziehung innerhalb der neuen Familiendynamik ansprechen und was sie zum Thema «Intime Kontakte und Verhütung» zu sagen haben. Weiters welche Schwierigkeiten von Väter nach der Geburt wahrnehmen und was es aus ihrer Sicht bedeutet, wenn ein Mann Vater wird.

Zu Beginn der Diskussion ging es um den aktuellen Stand der Pflicht-Vaterfreistellung in Italien / Südtirol die nun laut INPS (it) im Kalenderjahr 2020 nun 10 Tage beträgt. Anschließend berichtete Dr. Sigrid Mairhofer, Professorin für Gemeinwesen- und Organisationsentwicklung an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München, nebenberuflich auch an der Freien Universität Bozen und an der Claudiana tätig, über die Definition von Vaterschaft und die Veränderung der Väterrolle, über Genderdifferenz beim Kinderwunsch und der Realität in Italien (Eurispes), dem europäischen Vergleich der (tlw.) bezahlten Elternkarenzzeiten (ÖIF), den Ergebnissen von Elternbefragungen im Rahmen des Dypkin Projekts und zuletzt über die Mütterfokussierung im Rahmen des Pilotprojekts der Frühen Hilfen sowie über eine Umfrage während des ersten Lock Down 2020. Leider gab es phasenweise eine schlechte Tonqualität wegen der Internetverbindung, daher hier der Link zur Präsentation.

Danach präsentierte Sandra Moszner-Gruber vom Netzwerk der Elkis das Projekt „Elkis all inclusive“ und der Zusammenarbeit mit väter aktiv für eine Steigerung der Besuche durch Väter. Allerdings kollidieren die Öffnungszeiten mit den Arbeitszeiten der meisten Väter, die Mitarbeiterinnen sind fast ausschließlich weiblich und somit fehlen männliche Vorbilder für die Kinder und Ansprechpersonen für die Väter, dafür wird nun mehr Vätern auf Bildern in den Räumlichkeiten aber auch dem Info-Material gezeigt. Michael Bockhorni thematisiert eine Männerquote und -förderpläne im Bereich Gesundheit, Familie, Bildung zur Veränderung von Rollenstereoptypen, Vereinbarkeit und Gender Gap. Marco Marro von Melograno Alto Adige, welcher als freiwilliger Mitarbeiter seit einigen Jahren auch eine Vätergruppe (cerchio die papà) betreut, berichtete über die Erfahrungen zu den Themen Elternschaft, Gefühle, Beziehungen und Hilfe bei der Bürokratie. Das steigende Interesse am Thema Vaterschaft auch in der italienischen Sprachgruppe zeigt auch das große Interesse (über 600 Anmeldungen) für den Online Vortrag von Dott. Alberto Pellai.

In der darauffolgenden Diskussion ging es unter anderem um die Themen, ab welchem Alter Kinder nicht mehr im elterlichen Bett schlafen, um auch wieder Platz für eine intime Beziehung der Eltern zu machen. Jakob Delago weist darauf hin, dass es historisch erst seit kurzer Zeit üblich ist, dass die Familie in getrennten Betten schläft.

Die Hebammen Barbara Messner und Silvia Weissensteiner beobachten, dass bei den Geburtsvorbereitungskursen zu wenig Zeit über die lange Zeit nach der Geburt und den (manchmal belastenden) Umstellungen des Familienlebens gewidmet wird. Sie finden es wichtig, dass Mütter aber auch Väter ihre Bedürfnisse für die Zeit danach äußern. Sigrid Mairhofer plädiert für multidisziplinäre, geschlechtlich gemischte Teams bei der Geburtsvorbereitung bzw. den Frühe Hilfen. Sandra Moszner-Gruber berichtet, dass Eltern Wochenendkurse für Geburtsvorbereitung bevorzugen, weil der Zeitdruck für Eltern groß ist (siehe auch Elternumfrage). Ein Thema ist auch das Scheidungsrisiko, welches am zweithöchsten in den ersten beiden Lebensjahren des Kindes ist. 

Im Verlauf der Diskussion wird auch daraufhin gewiesen, dass es wichtig ist auch die Wirtschaft an Bord zu holen und über die betrieblichen Vorteile der Unterstützung von Eltern aufzuklären. Eine Entlastung der Familie bedeutet mehr Konzentration und Motivation am Arbeitsplatz, in der Familie entstehen auch wichtige soziale Kompetenzen für Arbeitswelt. Leider arbeiten Väter oft nach der Geburt mehr als vorher, da der Finanzbedarf mehr steigt als die öffentlichen finanziellen Unterstützungen abdecken. Michael Bockhorni erzählt von Vätercrash Kursen in Deutschland, Schweiz und Lichtenstein, welche in Unternehmen angeboten werden und deren Kosten auch vom Betrieb übernommen werden. 

Während des Corona Lock Downs war zu beobachten, dass bei den online Übertritts-gesprächen von Kindergarten zur Schule viel mehr Väter teilgenommen haben. Zum Abschluss der regen Diskussion wurde der Wunsch geäußert, dass Väter sich auch mehr Info bzw. Unterstützung holen und dementsprechend in der Erziehung Buben auch dazu ermutigt werden. 

Hier der Link zur gesamten Online Aufzeichnung auf You Tube